Freitag, 30. August 2013

Was dieser Satz bedeutet...

Zum ersten Mal fühle ich mich in der Lage mich bezüglich dieser Sache erklären zu können.
Wer mich kennt wird diesen Satz schon öfter von mir gehört haben: "Ich hasse Menschen". - Klar, wieso auch nicht. Menschen sind ja auch hassenswert...so im Allgemeinen. Und im Persönlichen? - Da hängt es mehr mit dem Satz "Ich bin nicht gerne unter Menschen" (auch ein Klassiker) zusammen, den viele leider gar nicht so ernst nehmen.
Ich möchte nun an Hand eines Beispieles erklären, wie genau ich das meine:


Ich habe Hunger. Nach einer 9 1/2-Stunden-Schicht darf man ja auch Hunger haben. Zu Hause gibt es...ähm...Brot, aber auf dem Nachhauseweg liegen ja genug Futterstätten. Egal wie groß der Hunger jedoch ist, ich überlege mir den Besuch dreimal und entscheide mich dann für gewöhnlich dagegen. Ich mag nicht da rein gehen wo lauter fremde (oder schlimmer noch: bekannte) Menschen sind.
Was mich heute dazu bewogen hat ein solches Etablissement aufzusuchen, ist wohl die Tatsache, dass ich ohnehin schon außerordentlich deprimiert bin und mir daher alles unwichtig ist.
Mit einem mulmigen Gefühl suche ich mir einen Parkplatz und bin erleichtert, dass es leer zu sein scheint. - Zu früh gefreut!! Auf der Außenterasse sitzt eine Gruppe Menschen, die mich länger mustern - als würden sie mich von irgendwoher kennen. Ich kenne sie aber nicht. Erwarten sie etwas von mir? Oder wollen sie was loswerden? Mit zügigen festen Schritten, aufrechter Haltung und einem Lächeln laufe ich an ihnen vorbei und nehme Augenkontakt zu einzelnen auf, dabei nicke ich kaum merklich, da ich mir nicht sicher bin, ob ich grüßen soll oder nicht. Objektiv betrachtet eine unwichtige Sache, die mir aber alles abverlangt. Meine Schultern sind locker, mein Geist ist angespannt, mein Gehirn versucht nicht nur meinen Körper, sondern auch meinen Geist in eine aufrechte Haltung zu bringen.
Endlich drinnen! Ich habe kein Problem mit der unfreundlichen Bedienung zu reden, die denkt ich wäre zu blöd um die Karte zu lesen. Sie wird dafür bezahlt mit mir zu reden und vermutlich hasst sie ihren Job. - Ich weiß wie sie sich fühlt!
Nachdem ich mein Essen habe (zum Mitnehmen natürlich - mehr ertrag ich nicht),  muss ich wieder an der Menschengruppe vorbei. Peinlich Lächeln, Nicken, Augenkontakt, selbstbewusste Haltung imitieren. "Guten Appetit" sagt einer überfreundlich. "Danke" antworte ich grinsend, gespielt fröhlich und beschwingt. (Stresssituationen vertreiben Depressionen offensichtlich.)

Das Schauspiel ist aber natürlich noch nicht vorbei als ich im Auto sitze. Das Geschehene muss noch verarbeitet werden. Ich fahre also nach Hause. "Danke" wiederhole ich dabei ein paar mal gespielt fröhlich. Und dann kommt mein Mantra "Ich hasse Menschen". Das wiederhole ich die nächsten 10 Minuten bis ich zu Hause bin - immer wieder mit einen Stöhnen.
Ganz zum Schluss schlägt der Satz in ein resigniertes "Ich hasse mein Leben" um. Es gibt keinen Satz, den ich öfter verwende als diesen, aber ich achte darauf ihn möglichst nur zu sagen, wenn ich alleine bin.

Heute kommt mir außerdem der Gedanke, dass "Ich hasse Menschen" nur die Weiterentwicklung von meinem früheren Mantra "Ich hasse mich" ist. Und eigentlich gehört das auch zu den Dingen, die ich nicht öffentlich sage. Aber heute...heute ist alles egal.

In diesem Sinne.




Samstag, 3. August 2013

An Niemanden

Eigentlich weiß ich schon seit der siebten Klasse, was ich studieren will. Aber ich habe mich nie wirklich dahinter geklemmt, alles schleifen lassen und auch nach 13 Jahren Schule weiß ich noch immer nichts mit meinem Leben anzufangen.
Studieren? Wie anfangen? Wie soll ich mich um mein eigenes Leben kümmern? Was kann ich letztendlich mit meinem Studium anfangen? Bin ich nicht am Ende doch wieder auf mich selbst gestellt und hilflos? Wäre eine Berufsausbildung nicht eher etwas für mich? Wieso sollte ausgerechnet ICH diejenige aus der Familie sein, die es zu etwas bringt? Ich will besser sein. Aber wie sollte ich das schaffen?

WAS soll ich schaffen? Psychologie. - Das wollte ich schon immer. Aber kann ich das? Will ich das noch immer? Wie soll ich das hinkriegen? Das ist echt hart. Ich habe keine Disziplin. Das will jeder. Dafür habe ich nicht den Notenschnitt. Studium kostet auch. Klar, ich könnte das studieren, aber eine Therapeutin wird aus mir doch nicht.
Irgendwas mit Kunst? Alle sagen, ich soll "was kreatives" machen. Am Ende ist das doch wieder total unkreativ und bringt mir gaaaaaaaar nichts.
Ich soll schreiben. Ein journalistisches oder literarisches Studium? Oder nach einem Psychologiestudium ein Buch schreiben?? Ich will kein Journalist sein. - Da geht es doch nicht ums Schreiben. Ich kann auch kein Buch erschaffen. Dafür habe ich keine Ausdauer. Mal ein, zwei Seiten schreiben oder ein Gedicht ist okay. Geschichten,Wendungen, Hintergründe, Charaktere entwickeln? - JA!! ...Aber schreiben? - Das ist langweilig und schwierig. Ich bin nicht so gut. Narr, wer das denkt.

Daher arbeite ich. - Bringt Geld und verschafft mir Nachdenkzeit. Fakten auf den Tisch: Ich habe keine Arbeitserfahrung, keine Ausbildung, mich erwartet also das Los unterer Gesellschaftsschichten, das Erbe meiner Eltern. - Körperliche Arbeit, mieser Lohn.
Ich konnte bereits feststellen, dass es auch bei Niedriglohnarbeiten den Unterschied zwischen erträglichen und echt ätzenden Tätigkeiten gibt. Allerdings hat man als Arbeitnehmer im Niedriglohnsektor selten eine Wahl.
Man existiert auch nicht als Mensch, sondern nur als Leistung. Die Maschinen laufen nicht? - Der Chef hält den Arbeitern eine Standpauke, weil sie ihre Stückzahl nicht schaffen. Und die Person, die die Wahrheit sagt, dass eine kaputte Maschine nicht produziert, wird am Ende als erstes gehen müssen.

Gedacht war meine Anstellung als "Ferienjob". Nun, da ich an einem Posten angekommen bin, der mich wirklich schon mehrfach zum Weinen gebracht hat (der Job ist scheiße und ich bin arbeiten null gewohnt) erbringe ich unglücklicherweise die Akkordzahlen, die zu einer längerfristigen Beschäftigung führen könnten. ...- Direkt abgelehnt habe ich nicht. Dass ich in allen Situationen meines Lebens NEIN sagen will, ändert leider nichts an der Tatsache, dass ich es viel zu oft nicht kann. Viiiiiel zu oft.

Scheiße.

Meine Alarmglocken haben geläutet und ich habe zum ersten mal einen kurzen Blick auf Universitätswebseiten gewagt.
Nicht nur, dass ich nicht weiß, welche Richtung ich einschlagen soll und auch nicht zum Nachdenken komme (nur Schlafen und Arbeiten, unfreiwilligen Überstunden sei Dank), ich habe auch Angst.
Aus meiner Familie kann mir keiner wirklich beistehen. Ich weiß nicht, was mich erwartet und ich habe Angst Verantwortung für mein eigenes Leben zu übernehmen.
Es gibt eine Sache, die ich schon seit Jahren weiß, die ich aber nie wirklich abschütteln konnte:

Ich vertraue mir nicht! 

Es gibt auf diesem Planeten geschätzt ca. 2 Millionen (vielleicht mehr, vielleicht weniger, aber auf jeden Fall weniger als 7 Milliarden) Menschen, denen ich mein Leben lieber anvertrauen würde als mir. Zwei Millionen Menschen, von denen ich 1.999.900 nicht mal kenne, denen ich aber mein Leben anvertrauen würde,weil ich selbst fast jeden Tag das Gefühl habe, mein Leben ein Stückchen mehr im Treibsand versinken zu lassen.



Und warum poste ich das jetzt alles? - Es geht mir auf den Zeiger, dass ich in dieser Situation feststecke. Ich weiß, wem ich mein Leid klagen kann und wer (vermutlich vergebens) versuchen wird mir Mut zu machen.
Ich habe mit dem Gedanken gespielt, mich all meinen Freunden anzuvertrauen, aber ich mag nicht um Zuspruch betteln. Mir geht es nicht so beschissen, als das ich mehr rumjammern will, als nötig. Stattdessen entlasse ich meine Gedanken, ohne sie an jemand bestimmten zu richten, außer an den wunderschönen weißen Falter, der gestern so spielerisch an der Maschine tanzte und sich dabei so sehr mit Maschinenöl beschwerte, dass er in den panischen und zugleich so poetischen Todestanz verfiel.

Und letzteres ist nicht düster, es ist die Wahrheit. Düster kann nur sein, es aufzuschreiben, doch ich finde, es gilt solche Dinge zu bemerken.
Ich habe in meinem Leben schon Falter getötet, aber dieser war schön und ich betrauere ihn.